Re: Wie wäre es, wenn wir ca. 40 Prozent mehr Knete in der Tasche hätten?


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Geschrieben von Hans T. am 02. August 2001 09:09:05:

Als Antwort auf: Re: Wie wäre es, wenn wir ca. 40 Prozent mehr Knete in der Tasche hätten? geschrieben von zaeld am 01. August 2001 18:30:13:

>Das bedeutet also im Endeffekt, daß man z.B. nach dem Freistempeln statt 100 DM durch Zahlung einer Gebühr von 10 DM nur noch 90 DM hatte (Zahlen sind ausgedacht).

In Wörgl musste monatlich eine Gebühr von 1 Prozent für Geldscheine (Notgeld) entrichtet werden.

>Oder anders betrachtet: 100 DM altes Geld werden in 90 DM neues Geld gewechselt. Da das alte Geld im Folgemonat ungültig wird und das neue (bzw. erneuerte) Geld erst dann gültig wird, kommt dies einer Währungsumstellung gleich; Aus 100 Juli-DM werden 90 August-DM. Die Währungen Juli- und August-DM könnte man nun, da es sich ja lediglich um Bezeichnungen handelt, auch DM und Euro nennen. Passenderweise steht uns nun genau so eine Umstellung bevor: Aus 100 DM werden ca. 50 Euro. Sollte man bei so einer krassen Geldentwertung nicht schnellstens sein Barvermögen anlegen? <

Nach der geschichtlichen Analyse von Silvio Gesell war die Hortung von Barvermögen ein zentrales Problem, das die Entstehung von allgemeinem Wohlstand verhinderte. Wohlgemerkt handelte es sich um wertvolles Metallgeld, dessen Metall einen Wert an sich darstellte und dazu verleitete, Bargeld, dass man nicht direkt brauchte, in einer Truhe im Garten zu versenken. Diese Geld fehlte natürlich im Kreislauf und konnte nicht zur Nachfrage werden.
Die Verknüfung von Metallwert und Geld, das eigentlich ein Tauschmittel darstellt, also einen Anspruch auf einen Gegenwert für eine erbrachte Leistung, hielt Gesell für fatal.

>Nun noch zwei Beispiele, die ein wenig zum Denken anregen sollen:
>Zwei Personen, beide haben jeweils 100 DM und einen Goldbarren. Vor der Geldentwertung legt der eine sein Bargeld komplett in Gold an und kauft dem anderen sein Gold für 100 DM ab. Der erste hat somit 2 Goldbarren, der zweite 200 DM. Nach der Geldentwertung hat der erste immer noch 2 Goldbarren, der zweite nur noch 180 DM. Der erste möchte einen seiner Goldbarren verkaufen. Wieviel wird er vom zweiten wohl bekommen? <

Wenn die Zentralbankmassnahmen in Häufigkeit und Stärke angemessen sind, (also sanft, aber nicht zu sanft) dann sollten die Preise stabil bleiben.
Dies bedeutet, dass die Goldbarren auch nach der Massnahme 100 DM kosten. Die Angebot/Nachfrage-Schwankungen nicht berücksichtigt.

>2. Beispiel:
>Wieder 2 Personen, jeder hat 100 DM. Der erste investiert sein Geld bzw. vergibt Kredite, damit er bei der Abwertung kein Bargeld besitzt. Mehr als 100 DM wird er nicht zurückbekommen, da es ja keinen Zins gibt. Der zweite behält sein Geld. Nach der Geldabwertung bekommt der erste seinen Kredit von 100 DM zurück, der zweite hat nur noch 90 DM. Mit Zins und ohne Geldabwertung, wobei nun beide mit 90 DM starten: Ersterer bekommt für seine 90 DM Kredit Zinsen in Höhe von 10 DM, der zweite hat weiterhin seine 90 DM. Warum also sollte die Variante mit Geldabwertung attraktiver sein, sein Geld anzulegen? In beiden Fällen hat derjenige, der sein Geld anlegt, 10 DM mehr als der Horter. <

Zunächst mal ist das tatsächlich nicht attraktiver. Beide Massnahmen erfüllen zunächst mal ihren Zweck: Geld wird nicht dem Kreislauf entzogen, sondern fliesst und wird zur Nachfrage.

Der andere Effekt, wenn der Zins nach Null tendiert: Alle Waren könnten etwa 40 Prozent billiger werden, die Steuern sinken. Die automatische Umverteilung von Arm nach Reich (durch den Zins) und darin inbegriffen das zumindest teilweise daraus folgernde Nord-Süd-gefälle würde dadurch ebenfalls beendet bzw. gemildert.

>Geldentwertung müßte zentral und organisiert durchgeführt werden, die Geldentwertung ist für alle Anlagedauern und -risiken gleich.<

Die Gebühr auf Geld kann nur Bargeld und Sichteinlagen treffen. Bei der Bank fest angelegtes Geld kann dieses weiterverleihen und ist ja im Kreislauf!

>Zinsen dagegen werden individuell durch die beiden Vertragspartner festgelegt, was sehr viel einfacher ist. <

Darum ist es auch angemessener, nicht vom "Abschaffen des Zinses" zu sprechen, sondern von geldpolitischen Massnahmen, die den Zins gegen Null tendieren lassen.

>Ich bezweifle, daß sich die Geldentwertung überhaupt durchführen ließe. <

Aus praktischen oder aus politischen Gründen?

gruss
Hans





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